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Tragisches Ende des Pottwals Julio verstärkt Ruf nach strengen Tempolimits für Schiffe  

30. Juli 2024

In den letzten zehn Jahren ist Pottwal Julio zu einem beliebten Stammgast in der Strasse von Gibraltar geworden. Er war bei Wissenschaftlern und Einheimischen gleichermassen beliebt und erinnerte mit seiner majestätischen Präsenz an den Reichtum des Meereslebens in diesen Gewässern. Doch am Samstag, dem 27. Juli 2024, nahm die Geschichte eine herzzerreissende Wendung: Julio wurde in einem erschreckenden Zustand gefunden, seine inneren Organe waren freigelegt, aber er lebte noch. Nur einen Tag zuvor war er noch bei bester Gesundheit gesichtet worden, was die plötzliche Tragödie umso erschütternder macht. 

Julio, registriert als PM-GIB-88, war dem Team von Conservation, Information et Recherche sur les Cétacés (CIRCE) gut bekannt. Im Laufe der Jahre hatte es seine Besuche akribisch dokumentiert und sich über seine Widerstandsfähigkeit und Anmut erfreut. Doch die letzte Sichtung war geprägt von Angst und Hilflosigkeit. 

Die Strasse von Gibraltar ist eine stark befahrene Schifffahrtsroute. Nicht nur Handelsschiffe sind hier unterwegs, sondern auch Passagierfähren, Privatyachten, Walbeobachtungsboote und Fischereischiffe. Der starke Verkehr macht das Gebiet zu einer Gefahrenzone für die Meeresfauna. Im Rahmen des zwischenstaatlichen Abkommens zum Schutz der Wale und Delfine im Mittelmeergebiet (ACCOBAMS) wurde die Region bereits als Hochrisikozone für Kollisionen mit Grosswalen eingestuft. Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) hat 2007 eine Höchstgeschwindigkeit von 13 Knoten in der Strasse von Gibraltar empfohlen. Eine kürzlich von OceanCare und Quiet-Oceans veröffentlichte Analyse von Schiffsverkehrsdaten aus dem nordwestlichen Mittelmeer zeigt jedoch, dass die Einhaltung von freiwilligen Geschwindigkeitsbegrenzungen bedenklich gering ist.

Pottwale kämpfen im Mittelmeer ums Überleben 

Julios Tod ist Teil eines grösseren, beunruhigenden Musters. Dr. Renaud de Stephanis von CIRCE erstellte eine alarmierende Statistik: In den letzten Jahren ereilte mindestens fünf Pottwale in der Strasse von Gibraltar ein ähnlich tragisches Schicksal. Auch sie kollidierten mit Schiffen. Das sind wohlgemerkt nur die registrierten Vorfälle – viele Todesfälle bleiben vermutlich unbemerkt, da Walkadaver in den Weiten des Ozeans verschwinden. 

Die Pottwal-Population im Mittelmeer ist bereits am Rande des Zusammenbruchs: Es gibt schätzungsweise nur noch 250 bis 2.500 geschlechtsreife Tiere. Auf der Roten Liste der bedrohten Arten der Weltnaturschutzunion IUCN werden sie deshalb als „stark gefährdet“ eingestuft. Julios Tod ist nicht nur der Verlust eines individuellen Wals, sondern ein herber Verlust für eine ganze Walpopulation, die um ihr Überleben kämpft.

Nur verpflichtende Tempolimits für Schiffe können das tödliche Kollisionsrisiko für Wale verringern 

Die Strasse von Gibraltar ist das natürliche Tor zwischen Mittelmeer und Atlantik – und ein lebenswichtiger Korridor für die marine Artenvielfalt. Sie ist Wanderroute sowie Nahrungs- und Aufzuchtgebiet für zahlreiche Walarten. Die Region wurde von der IUCN als Important Marine Mammal Area (IMMA) ausgewiesen. Trotzdem sind die Massnahmen zum Schutz dieser grossartigen Tiere ungenügend. 

OceanCare setzt sich für verpflichtende Tempolimits für Schiffe in ökologisch sensiblen Gebieten ein. Zusammen mit anderen Umweltorganisationen arbeiten wir zurzeit daran, dass diese Regelung auch im spanischen Walmigrationskorridor durchgesetzt wird, für den das spanische Ministerium für Umweltveränderungen und demografische Herausforderungen (MITECO) derzeit einen Managementplan entwickelt. 

Mit der Petition Because Our Planet Is Blue fordern wir die Regierungen der Welt auf, sich bei der nächsten UN-Ozeankonferenz im Juni 2025 unter anderem auf verbindliche Massnahmen zur Reduzierung der Schiffsgeschwindigkeiten zu einigen, um Meeresbewohner zu schützen und marine Ökosysteme zu erhalten. 

Das tragische Ende von Julio mahnt uns eindringlich, wie dringend es zu handeln gilt. Der majestätische Pottwal hat die Menschen in Staunen versetzt. Jetzt hinterlässt er ein Vermächtnis, das Veränderung fordert. Die Gewässer der Strasse von Gibraltar sind reich an Leben, aber ohne besseren Schutz bleiben sie gefährlich für jene, die sie bewohnen.

Unterschreiben Sie jetzt die Petition Because Our Planet Is Blue. Damit es für Wale und andere Meerestiere Hoffnung geben kann!